Freitag, 30. Juli 2010

Dativs Unglück

Dank Ihrer Gebühren? Ich danke deiner, du dankst meiner, er dankt seiner? Entlang der Alpen? Wieso nicht an den Alpen entlang? Das eine ist öffentlich-rechtliche Werbung, das andere beschreibt im Wetterbericht, auch öffentlich-rechtlich, den Weg eines Tiefs. Doch beide Bemerkungen zielen hier ausdrücklich nicht auf eine Kritik an der Organisationsform und an der Finanzierung von Rundfunk- und Fernsehprogrammen, sondern sie sind Einspruch gegen ein Deutsch, wie es nicht nur Kollegen vor den Mikrophonen von ARD und ZDF daherreden. Die Behauptung des Zwiebelfisch-Autors Bastian Sick, der Dativ sei dem Genetiv sein Tod (vor Jahren im Spiegel, dann als Titel eines Bestsellers), war von Anfang an blanker Unsinn. Was dahinstarb und dahinstirbt, war und ist der Dativ. Sein Ableben hat längst eingesetzt, nämlich spätestens, seit sich die Sprachnutzer angewöhnt haben, das Verhältniswort trotz mit dem Wes-Fall zu verwenden, obwohl sie am Bindewort trotzdem festgehalten haben. Was, um Himmels willen, haben die Leute gegen den Wem-Fall? Auch ein kritischer Kopf wie der Darmstädter Professor für Germanistische Sprachwissenschaft Rudolf Hoberg (Goethe wäre froh über unseren Wortschatz, FAS, 25.07.2010, S.29) tippt das Unglück des Dativs nur an. Dabei wäre eine Kampagne zu seiner Rettung dringend geboten. Er regt dazu an, Verben zu verwenden, und bringt im Verein mit ihnen Atem in die Sprache – im Gegensatz zum Genetiv,  der Substantive zusammenkittet und die Sprache erstickt.
jn, 30. Juli 2010

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