Sonntag, 17. Oktober 2010

Bußgeld

Az: 58.19.505245.8
Sehr geehrter Herr Polizeipräsident in Berlin, lieber Herr Glietsch.
am 14. September haben Sie den folgenden Tatvorwurf gegen mich erhoben: Ich soll mich einer „Verkehrsteilnahme durch Parken“ schuldig gemacht und so eine schädliche Verunreinigung der Berliner Luft verursacht haben (§ 19 OWiG; § 41 Abs. 1 iVm Anlage 2 StVO; § 49 DStVO; 24 StVG; 153 BKat ). Ferner werfen Sie mir vor, „im Bereich eines Parkscheinautomaten ohne gültigen Parkschein“ geparkt zu haben (§ 13 Abs. 1,2, § 49 StVO; 63.1 BKat). In beiden Fällen handelt es beim Kürzel BKat nicht etwa um einen Besonderen Katalysator, sondern um den Bußgeldkatalog. Wie Sie freundlich hinzufügen,wurden die Ordnungswidrigkeiten „tateinheitlich (§ 19 OWiG) bewertet“.
Um es gleich zu sagen: Ich habe das mir von Ihnen auferlegte Bußgeld von 40 Euro zuzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 20 Euro und 3,50 Euro an geltend gemachten Auslagen überwiesen, allerdings nicht, wie von Ihnen vorgeschlagen, auf dem mitgeschickten Zahlungsformular  – nur nebenbei: wie teuer war diese Hilfeleistung? –, sondern per Online, worauf Ihre Bußgeldstelle hoffentlich schon eingerichtet ist, obwohl der Kanzleistil Ihres Schreibens das Gegenteil vermuten lässt.
Trotzdem aber und trotz einem halben Dutzend Paragraphen, die Sie zitieren, drängt es mich, Sie zu fragen, wie ich – um Himmels willen – mit einem Auto, das gerade einmal vor einem Jahr zugelassen wurde und mit einem entsprechenden Katalysator ausgerüstet ist, parkend, also doch wohl nach allem Menschenverstand nichtteilnehmend, am Verkehr teilgenommen haben soll. Dabei bin ich noch bereit, die telefonische Auskunft aus Ihrem Hause (ungefähr: „Keine Plakette, kein Katalysator, basta...“) zu schlucken; davon abgesehen ist Ihre wundersame Kombination der §§ 19 OWiG; 41 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 2 StVO; 24 StVG BKat sowie 13 Abs. 1,2, 49 StVO; 63.1 Kat nebst Hinweis auf die Tateinheitlichkeit  nach 19 OWiG offensichtlich ein totgeschossener Hase, der in der brütenden Hitze eines Hochsommertages im Grunewald Schlittschuh läuft.
Übrigens wollte Kurt Tucholsky schon der Obrigkeit seiner Tage klarmachen, dass es niemandem gut tat,  wenn sie über die Köpfe der Bürger hinwegredete, auch dem Staat nicht. Sie werden sich erinnern, Tucholsky war jener Berliner Literat, der aus Sehnsucht nach der Berliner Luft im schwedischen Exil Hand an sich legte. Wenn Sie eines Tages genug Strafmandate kassiert haben, sollten Sie seine Werke aufkaufen und an Ihre Mitarbeiter verteilen.
Deutsch mit Tucholsky wäre nicht die schlechteste Weiterbildung.
Mit verbindlichen Grüßen
Jost Nolte

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen