Montag, 11. Oktober 2010

Kulturkampf an der Elbe


Schlauberger lassen an der Elbe die Muskeln spielen und schüren den Kulturkampf. Zum Beispiel will der Hamburger Erste Bürgermeister Christoph Ahlhaus nach wie vor das Altonaer Museum zusperren und dessen Schätze auf andere Häuser verteilen (Rb. vom 24.09.2010). Diese Absicht begründet er jetzt: „Man kann doch nicht ernsthaft so tun, als ob die Schließung eines Museums, das in der Spitze 30 vollzahlende Besucher am Tag hat, den Untergang des kulturellen Abendlandes in dieser Stadt bedeutet.“ Nicht volltrunken, das denn doch nicht, sondern vollzahlend. Und: Der Untergang des kulturellen Abendlandes in den Mauern der Hansestadt? Wenn die Welt den Bürgermeister richtig zitiert, hat er vor lauter Kraftmeierei offenkundig Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache.
Und nicht nur das, er macht auch eine miserable Politik. Denn was sollte ein Stadtoberhaupt tun, wenn es irgendwo nicht wunschgemäß klappt? Richtig, die kluge Spitzenkraft des Gemeinwesens – da passt zur Abwechslung das Wörtchen Spitze – sinnt auf vernünftige Abhilfe, die kaum darin bestehen kann, wegen mangelnden Zulaufs eine Traditionsstätte dem Boden gleichzumachen; vielmehr käme es darauf an, für Attraktion zu sorgen – für Anziehungskraft durch Qualität allerdings, nicht durch Bratwursttheken und Tingeltangel.  Dem Bürgermeister muss das dazu Erforderliche gar nicht selber einfallen; er muss nur Leute finden, die sich auskennen und für das Nötige sorgen.
DIE FLIEGE  foto:jn-Archiv
Womit wir bei Ahlhausens Kultursenator Reinhard Stuth, dem mit der Fliege, angelangt wären. Er sekundiert seinem Chef mit der Behauptung: „Seit zwei Jahren kümmern sich Gutachter, Experten, die Museen selbst  und die Kulturbehörde darum, wie die stadtgeschichtlichen Museen insgesamt besser aufgestellt werden können... Dabei kam auch aus den Museen selbst die Frage auf, ob in Altona noch eine Dauerausstellung sein sollte.“ Der Senator für Kultur redet so unbeholfen wie sein Bürgermeister.
Doch lassen wir das. Wie schon seine Vorgängerin hat Reinhard Stuth also herumgefragt, unter anderem  bei Gutachtern und Experten. Unsereins wüsste gern, wo zwischen Experten und Gutachtern der Unterschied zu erkennen war und um welche Damen oder Herren es sich handelte. Die Namen von Beratern, die jüngst in einem anderen Hamburger Museum dem Direktor beigesellt wurden, berechtigen jedenfalls kaum zu größeren Hoffnungen. Und Museumsleute, denen die Chance geboten wird, auf Kosten anderer das eigene Fell zu retten, sollen dieselbe in den Wind schlagen? Es wäre zuviel verlangt.
Wie wir auch kaum erwarten dürfen, dass Christoph Ahlhaus demnächst das Kunststück lernt, die richtigen Leute auf den richtigen Platz zu setzen – bekanntlich eine Regel, die im politischen Geschäft auch und gerade in schwierigen Zeiten zu beherzigen bleibt. Diese Regel gilt für das Museum in Altona, sie gilt für das Deutsche Schauspielhaus, sie gilt für die Öffentlichen Bücherhallen, wo überall den Leuten das Wasser gleichermaßen bis zum Hals steht, und sie gilt für den Senat höchstselbst. Gebraucht wird eine von Grund auf bessere Kulturpolitik.
Leider verbietet es sich, sie dem zugereisten Ahlhaus und seinem Gehilfen in der Kulturbehörde abzuverlangen. Die nächsten Bürgerschaftswahlen sind an der Alster zwar erst Mitte Januar 2012 vorgesehen. Doch darauf wetten, dass das schwarzgrüne Regime in der Hansestadt so lange zusammenhält, mag niemand.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen