Tomasz Zielinski: Großer Bonsai, Öl auf Leinwand, 175 x 145 cm Copyright: Tomasz Zielienski |
Der Maler Tomasz Zielinski mag keine Fragen zur Person. Die Fragen sind die üblichen. Wann und wo geboren? 1954 in Warschau. Wann hat Tomasz gewusst, dass er Künstler werden wollte? Nicht Künstler: Maler. Dass er malen wollte, stand für ihn schon in der Schulzeit fest. Seine Eltern, beide Naturwissenschaftler, nämlich Chemiker, hatten Bedenken. Andererseits war Kunst damals in Polen kein brotloses Gewerbe. Wer etwas gelernt hatte, konnte auch davon leben; also waren die Eltern halbwegs einverstanden, als die Akademie den Bewerber aufnahm. Wie es in der Akademie zuging? Tolerant. Niemand wurde auf den Sozialistischen Realismus vereidigt. Alle wussten, was Westkunst war, und wer sich auf sie einlassen wollte, konnte es tun. Die Lehrer holten das Talent ihrer Schüler sorgsam ans Licht. Im Rückblick erscheint die Zeit als Meisterschüler sehr kurz gewesen zu sein. Warum dann schon mit 27 Jahren nach Deutschland? Das ist eine persönliche Frage. Zu persönlich.
Reden wir also lieber über Tomasz Zielinskis Malerei, über eine Serie aus jüngster Zeit.
Die Gegenstände, ob in Wasserfarben oder in Ölfarben festgehalten, leuchten in bestechender Qualität. Diese Bilder sind versiegelte Rätsel. Wenn sie jemand lösen kann, dann nur auf persönliche Weise – auf dem Weg über die eigenen Assoziationen. Das ergibt zwangsläufig persönliche Antworten. Die Antworten, die der Maler selber geben könnte, würden nicht anders ausfallen. Persönlich eben. Aber über Persönliches redet er nicht. Richtig, der Baum, der da vor Staffelei schwebt, ist ein vertrockneter Bonzai. Ob die Farb-Etüde links unten eine Palette oder ein Gemälde in ungewöhnlicher Gestalt ist, vielleicht ein verbeulter Globus, bleibt offen, ist also nur persönlich zu beantworten. Die Dinge begegnen einander wie bei Max Ernst, im Surrealen. Sie sind Fallen für die Phantasie.
Ich frage, wie diese Bilder zustande kommen. Die Antwort: „Mich irritiert etwas. Ein politisches Ereignis. Eine soziale Frage. Ein existentielles Ärgernis. Was auch immer. Ich denke darüber nach. Ich versuche, Klarheit zu gewinnen. Wie es sich gehört. Diszipliniert. Und während ich denke, male ich. Ich illustriere nicht meine Gedanken, das ganz und gar nicht, aber da entsteht ein Bild, und es hat zu tun mit dem, was ich denke. Es setzt Phantasie frei. Unabhängig vom Thema, über das ich mir den Kopf zerbreche.“
Frage: „Wie funktioniert das, wie soll es gut gehen?“
Antwort: „Ein Drittel dieser Bilder überzeugt mich sofort. Ein Drittel werfe ich gleich weg. Ein Drittel lasse ich ein paar Tage liegen, um vielleicht etwas in ihnen zu entdecken, was ich nicht sofort gesehen habe.“
„Noch einmal die Frage: Wie kann es überhaupt klappen?“
Antwort: „Andere kritzeln beim Telefonieren. Ich male beim Denken. Oder nimm das Autofahren. Du fährst tadellos. Und gleichzeitig entspannst du dich. Du genießt Musik oder lässt dich von einem Hörbuch einfangen. Das läuft zweispurig. Ich denke und male auf zwei Spuren. Irgendwie schizophren.“
Ich frage: „Bist du ein Philosoph?“
Tomasz Zielinski: „Nur weil ich denken mag?“
Und nach einer Bedenkpause sagt Tomasz: „Ich würde auch gern selber noch eine Frage stellen...“
Ich stimme zu, und Tomasz fragt: „Ist das nun ein Abenteuer oder eine Aufgabe?“
„Eine Aufgabe? Wer stellt sie dir?“
„Das kann ich nur selber. Ich bin Atheist. Mit einem Hauch von Mystik. Mit einem Hauch von Hoffnung. Glaube ich.“
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