Freitag, 13. August 2010

Reiten für Deutschland

Wie der Zufall es will: Vorgestern taucht Kaisers Generalfeldmarschall August von Mackensen, der schon 1870/71 dabei gewesen war und 1944/45 noch immer, wenn auch nur ehrenhalber,  das Stolper  Reiterregiment 5 kommandierte, bei Phoenix auf, und heute steht in der Zeitung, dass der Bundesminister der Verteidigung Karl-Theodor zu Guttenberg nachgedacht habe und nunmehr die freiwillige Wehrpflicht einführen wolle.
Der Generalfeldmarschall
Den Preußen August von Mackensen, für Spötter unter den Zeitgenossen der leibhaftige Reichstafelaufsatz, also eine Büste auf der Konsole des Vaterlandes, kannte damals jeder aus der Wochenschau. Er war der edle Greis, der in der Uniform der Schwarzen Husaren an der Seite des geliebten Führers – der natürlich in Braun – am Heldengedenktag die Parade abnahm, und sein hervorstechendes Markenzeichen war die ausladende Mütze aus schwarzem  Fell, an der vorn ein überdimensionaler silberner Totenkopf prangte.  Noch im November 1944, im stolzen Alter von 95 Jahren, rief Mackensen mit erstaunlich kräftiger Stimme die deutsche Jugend zu „Opferbereitschaft und Fanatismus“ auf. Der Appell galt auch mir. Ich war siebzehn und hatte als Rekrut der dritten Stolper Schwadron gerade die Remonte zugeteilt bekommen, auf deren Rücken ich in den Krieg ziehen sollte. Ein Totenschädel mit gekreuzten Knochen steckte auch an unserer Mütze Allerdings war sie feldgrau und erheblich kleiner als der schwarze Pudel des Chefs h.c., und das Abzeichen, das sie schmückte, war geradezu unscheinbar. Als der Befehl eintraf, gegen die Rote Armee auszurücken und Pommern zu verteidigen, riet uns unser Wachtmeister trotzdem, den traditionellen Schmuck lieber abzunehmen. Die Russen könnten uns andernfalls leicht mit der SS verwechseln, was unsere Überlebenschance erheblich verringere.
Der Wachtmeister hieß Hacker, war ein Bauer aus Mecklenburg, und seine Ordensschnalle war um einiges kürzer als die des Generalfeldmarschalls, konnte sich aber dennoch sehen lassen. Jedenfalls kannte Hacker sich mit dem Krieg aus, und er hat mir das Leben gerettet, als mich ein paar Wochen später ein russischer Scharfschütze erwischt hatte. Ob ich mich bei Hacker vor dem Abtransport ins Lazarett gebührend bedankt habe, weiß ich nicht. Später hatte ich schon darum keine Gelegenheit, ihm die Hand zu drücken, weil ich nicht wusste, wo er abgeblieben war. Ich weiß es immer noch nicht, aber dankbar bin ich dem Mann bis heute. Er war sichtlich gescheiter als der Generalfeåldmarschall von Mackensen.
Der Gedanke an den gespenstischen Preußen passt selbstverständlich nur bedingt zur Erfindung der freiwilligen Wehrpflicht im Hause des Herrn zu Guttenberg, aber Mackensen und verwandte Seelen fallen unsereinem zwanghaft ein, wenn von der Wehrkraft die Rede ist, und gegen die aufkeimende Depression hilft allenfalls der Gedanke an die Erfinder des Bürgers in Uniform, also an die Reformer unter den Militärs Johann Adolf Graf von Kielmannsegg, Ulrich de Maizière und Wolf Stefan Traugott Graf von Baudissin, deren Adelsprädikate ebenfalls ins Auge stachen. Ob ihr von oder zu mehr als Zufall war, sei dahingestellt. Jedenfalls haben die Herren Glück gehabt: Die Kasernen voller Soldaten und weit und breit kein Krieg. Jetzt hat Herr zu Guttenberg einen Krieg am Hals, aber er soll an den Soldaten sparen. Also muss er sich etwas einfallen lassen, und zwar je klüger desto besser. Wer auf Frieden hofft, dem bleibt nur übrig, dem Freiherrn die Daumen zu drücken.

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