Samstag, 2. April 2011

Immer nur lächeln

Zwei Silberzungen haben den China-Trip unseres Außenministers Guido Westerwelle herzlich begrüßt und ihn gerechtfertigt: der Architekt Meinhard von Gerkan und der Generaldirektor der Dresdener Staatlichen Kunstsammlungen Martin Roth. Überraschen kann der Beistand nicht. Der eine, Gerkan, hat seit 2005 das Pekinger Nationalmuseum am Platz des Himmlischen Friedens mit einem Etat von etwa 260 Millionen Euro atemberaubend saniert; der andere, Roth, hat es jetzt zur Eröffnung mit Kunst der europäischen Aufklärung gefüllt, was sicherlich preiswerter kam, aber mit mit ein paar Groschen ebenfalls nicht zu finanzieren war. Beide, Gerkan und Roth, scheinen in ihrem Unterfangen – Arm in Arm mit dem politischen Spiritus rector Guido Westerwelle – soetwas wie die List als historische Tat zu sehen. Konfrontieren die Deutschen nun etwa nicht die lächelnd auf ihre unerbittliche Staatsraison pochenden Chinesen mitten in Peking mit der ebenfalls lächelnd vorgetragenen Überzeugung, dass Freiheit und Menschenrechte der Menschheit förderlich seien. – Wirklich?
Gerkan hat das Gebäude am Tian'anmen-Platz im Laufe von sechs Jahren so hergerichtet, dass allein in die Eingangshalle des nunmehr größten Museums der Welt 20.000 – in Worten: zwanzigtausend Besucher strömen können, ohne einander auf die Füße zu treten. Angesichts dieses Gigantismus verblassen postum alle Träume Albert Speers, der dem NS-Reich und seinem weiland-Führer zu ihrem ewigen Ruhm überdimensionale Gemäuer errichten wollte. Martin Roth aber täuscht eine Kunst vor, die es nie gab.
Denn: Die Köpfe der Aufklärung  hatten mit der Kunst quasi von Haus aus ihre Schwierigkeiten - man lese nach in Diderots Encyclopédie. Sie setzten auf Verstand und Vernunft, die Kunst war und blieb unberechenbar. Erst spielte sie sich vom Barock ins Rokoko hinüber, dann entwarf sie klassische Konzepte. Ob die Künstler nun wie Schiller Freiheit einforderten oder im Zweifelsfall doch lieber für die Ordnung votierten wie Goethe - es war und blieb auch bei heftigstem Nachdenken eine irrationale oder jedenfalls eine nicht oder nur schwer durchschaubare Entscheidung des Künstlers. In der Welt der Bilder aber trafen sich Denken und Kunst erst, als Jacques-Louis David den zum Kaiser der Franzosen aufgestiegenen Bezwinger der französischen Revolution Napoleon Bonaparte auf levadierendem Schimmel malte und der Philosoph Hegel die imponierende Gestalt als Weltgeist zu Pferde pries. Da lag die Aufklärung, politisch betrachtet, schon in den letzten Zügen.
Natürlich weiß Martin Roth, was er tut, und Meinhard von Gerkan wird es auch wissen. Aber Guido Westerwelle, der es vielleicht nicht wusste, hat ihnen schöne Augen gemacht, und sie sind der Aussicht erlegen, aus dem Vollen schöpfen zu können.
Was zählt dagegen schon ein bisschen Geschichtsklitterei?
Ps: BILD war dabei und weiß von einem Eklat zu berichten: „ Ausgerechnet am Tag, als der deutsche Außenminister Guido Westerwelle (FDP) mit seinem Lebenspartner Michael Mronz in China landete, hat die Polizei die erste Mr.-Gay-Wahl in Peking, einen Schönheitswettbewerb von Homosexuellen, gesprengt. Nur eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung platzten die Beamten in den Lan-Club im Pekinger Norden und stoppten die Vorbereitungen für den groß angekündigten Event. Offizieller Grund: eine fehlende behördliche Genehmigung für die geplante Bühnenshow...“ 
Es war nicht der erste Ärger, den Westerwelle herunterschlucken musste, wenn er nicht auf den Hacken kehrt machen wollte. Hatten doch die Chinesen dem kritischen Sinologen Tilman Spengler, der in der Entourage des deutschen Außenministers mitreisen sollte, dass Visum verweigert.
Nur soviel zum Lächeln der Chinesen und zum Lächeln ihrer Gäste.

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