Das Misstrauen auf Gegenseitigkeit blüht nicht nur zwischen Journalismus und Politik, sondern ganz allgemein zwischen den Medien und dem Rest der Welt. Im politischen Tagesgeschäft fällt es lediglich am häufigsten auf, weil niemand so sehr auf ein vorteilhaftes Bild in der Öffentlichkeit angewiesen ist wie ein Politiker, und das Unheil der üblen Nachrede, das ihn Kopf und Kragen kosten kann, hinter jeder Ecke lauert. Was aber passiert, wenn sich zwischen einem Journalisten und einem Politiker trotz alledem ein sogenanntes Vertrauensverhältnis entspinnt und wenn es wider alle Erfahrung Jahrzehnte Bestand hat, ist einfach beschrieben: Der Ausnahmefall weckt landauf, landab Misstrauen.
In der Bundeshauptstadt Bonn, unter der Käseglocke namens Bonn am Rhein, war leicht zu erkennen, wer mit wem konnte und wer nicht. Mit einem konnten die wenigsten, mit dem als explosiv bekannten Spitzen-SPD-Mann Herbert Wehner. Die Ausnahme war der Bonner NDR-Korrespondent Jürgen Kellermeier, dem dann im NDR ein mustergültiger Aufstieg gelang. Ihm imponierte Wehner; er verehrte ihn womöglich sogar in der Tiefe seines Herzens, aber weder Politiker noch Journalisten kreideten es ihm an. Kellermeier strahlte gewissermaßen von Natur Unbestechlichkeit aus und nahm nichts ernster als seinen Beruf. Charme und Witz, über die er verfügte, begrenzte er, ein Preuße aus Bielefeld, aufs Privatleben, Ruppigkeit, die ihm ebenfalls nicht fremd war, auf den internen Dienstbetrieb.

Großkopfs Beschreibung ist schlüssig und lehrreich zugleich. Eins allerdings lehrt sie nicht: Wie andere das Spiel nachahmen könnten. Voraussetzung waren zwei unverwechselbare Charakterdarsteller der Politik und des Journalismus.
Rudolf Großkopff, Die Macht des Vertrauens. Herbert Wehner und Jürgen Kellermeier. Die ungewöhnliche Beziehung zwischen einem Politiker und einem Journalisten. Ellert & Richter Verlag, Hamburg 2011, 96 S., 12,95 Euro
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